4.1.2 Belichtung und Entwicklung
Durch Belichtung und Entwicklung werden die Silberhalogenide Silberbromid, Silberchlorid und Silberjodid zerlegt. Es entsteht reines Silber, welches das Bild aufbaut. Die Halogene Brom, Chlor und Jod gehen bei der Belichtung zum geringen Teil in die Luft und in die Gelatine über oder werden größtenteils bei der Entwicklung ausgespült.
Außer der chemisch-physikalischen Zusammensetzung des Films bestimmen Belichtung (Belichtungszeit und Objektivblende) und Entwicklung (chemische Zusammensetzung des Entwicklers und Vorgehen bei der Entwicklung) dessen Eigenschaften. Die Angaben der Filmhersteller gelten für eine standardisierte Belichtung und Entwicklung.
In der Praxis heißt das: Belichtet man den Film gemäß der angegebenen Lichtempfindlichkeit und entwickelt diesen in einem Standardentwickler mit bestimmter Temperatur und Filmbewegung in der Entwicklerflüssigkeit für eine genau definierte Zeit, hat er die zugesprochenen Eigenschaften.
Der Fotograf kann Belichtung und Entwicklung gezielt ändern, zum Beispiel wenn er bei wenig Licht mit einem geringer lichtempfindlichen Film fotografieren will oder das Motiv große Helligkeitsunterschiede aufweist, die der Film bei einer Standardentwicklung nicht bewältigen kann.
Will man volle Kontrolle über das Bild haben, entwickelt man seine Filme. Kommerzielle Labors entwickeln nach einem Standardverfahren. Die meisten Labore bieten eine Sonderentwicklung für abweichend belichtete Filme an.
Wie entsteht das Bild? Zuerst trifft Licht auf den Film und dort auf die Silberhalogenide. Ein Silberhalogenidkristall ist etwa 0,2/1000 bis 2/1000 mm groß, hat etwa 20 Milliarden Silberionen und ebensoviele Halogenidionen. Durch eine Reaktion des Lichts mit dem Kristall werden einige Silberionen von den Halogenidionen getrennt. Es entstehen elementare (reine) Halogene und metallisches Silber.
An den Stellen, die viel Licht erhalten, dringt das Licht in tiefere Schichten vor und es entsteht mehr Silber als an Stellen, die von weniger Licht getroffen werden. Dadurch werden Schwarz, Weiß und unterschiedliche Graustufen gebildet. An schwarzen Stellen sind sämtliche Halogenide in Silber umgewandelt, graue Stellen enthalten je nach Helligkeit mehr oder weniger Silber und an weißen Negativstellen ist praktisch kein elementares Silber vorhanden. Infolge seiner feinen Verteilung erscheint das Silber nicht silbern, sondern schwarz.
Werden bei der Belichtung von den mehr als 20 Milliarden Silberhalogeniden pro Kristall 4 bis 10 Silberatome gebildet, reicht das aus. Der Kristall ist anschließend ein Entwicklungskeim, an dem der Filmentwickler wirken kann. Die restlichen der 20 Milliarden Silberhalogenide des Kristalls werden erst durch die Entwicklung in reines Silber umgewandelt. Damit verstärkt die Entwicklung den Belichtungseindruck um das Milliardenfache, wodurch kurze Belichtungszeiten möglich sind. Die Halogenanteile Brom, Chlor oder Jod gehen in den Entwickler über, und der Kristall besteht nur noch aus Silber. Ein vollständig in Silber umgewandelter Kristall wird als Korn bezeichnet.
Abbildung 4.2: Belichtung und Entwicklung schematisch. Dargestellt ist ein Silberhalogenidkristall (zweidimensional) mit einzelnen Silberionen (Ag+) und Halogenidionen (X-). Ag ist das chemische Zeichen für Silber, X steht für ein Halogenid, zum Beispiel Bromid. Man spricht allgemein von AgX-Kristallen. + und - kennzeichnen den Ladezustand der Ionen (positiv oder negativ). 1)+2) Das Licht trennt einige Halogenidionen von den Silberionen, indem es den Halogenidionen ein Elektron "entreißt". Es entstehen Halogenmoleküle (graue Kreise), die verlorengehen, zum Beispiel in die Luft und Silberatome, d.h. metallisches Silber (schwarze Kreise), indem sich das Elektron an das Silberion "heftet". 3)+4) Der Entwickler wandelt alle Silberhalogenidmoleküle eines AgX-Kristalls in reines Silber um. Belichtete Kristalle werden mit erheblicher Beschleunigung gegenüber unbelichteten Kristallen entwickelt. In einem Kristall befinden sich etwa 20 Milliarden Silberhalogenide. Zum Beschleunigen der Entwicklung reicht es aus, wenn das Licht davon 4 bis 10 Halogenide zu Silber reduziert.
Man kann einen belichteten Film nicht von einem unbelichteten unterscheiden. Nach der Belichtung ist das Bild latent (verborgen) und wird erst durch die Entwicklung sichtbar. Entnähme man der Kamera nach einer Belichtung den Film, würde man keine Veränderung bemerken. Die Aufnahmen wären allerdings verdorben.
Die Entwicklung — die vollständige Umwandlung der Belichtungskeime in Silber — erfolgt mit dem Entwickler, einer Flüssigkeit mit chemischen Wirksubstanzen. Um das so entstandene Bild haltbar zu machen, fixiert man es anschließend ebenfalls in einem Flüssigkeitsbad, dem Fixierbad. Das Fixierbad entfernt alle nicht vollständig in Silber umgewandelten Silberhalogenide.
Die Hell-Dunkel-Verteilung des Filmbilds hängt von der Helligkeitsverteilung des Motivs ab: Helle Motivstellen reflektieren viel Licht. Viel Licht erzeugt viele Silberkörner auf dem Film, da es in tiefe Schichten vordringt und stärker auf Nachbarkristalle reflektiert wird. Dort ist der Film weniger durchsichtig, da viele Silberkörner wenig Licht hindurchlassen und auch wenig reflektieren, da sie schwarz sind. Infolgedessen erscheint der Film dort dunkel. Von dunklen Motivstellen geht wenig Licht aus, das auch nur wenige Silberkörner auf dem Film erzeugt. Dort ist der Film durchsichtiger und heller. Helle Motivstellen auf erscheinen dem Film dunkel und dunkle hell, es entsteht ein Negativ des Motivs.
Nach der Entwicklung wird das Negativ auf Fotopapier vergrößert, das ähnlich wie der Film aufgebaut ist und ebenso auf Licht reagiert. Der Unterschied zum Film ist: Die Emulsion mit den Silberhalogeniden ist nicht auf durchsichtigem Kunststoff, sondern auf einem undurchsichtigen dünnen Karton. Der Vergrößerer funktioniert wie ein Diaprojektor. Er projiziert ein vergrößertes Bild des Negativs auf das Fotopapier. Dunkle Negativstellen lassen wenig Vergrößererlicht hindurch, schwärzen das Fotopapier nur gering und erscheinen nach der Entwicklung des Papiers hell. Bei hellen Negativstellen ist das genau umgekehrt.
Der Papierabzug ist ein Negativ des Negativs und hat die umgekehrte Helligkeit wie dieses. Das Ergebnis ist ein Positiv, welches das Motiv wieder in seiner richtigen Helligkeit zeigt. Im Gegensatz zum Negativfilm bildet der Umkehrfilm (Diafilm) die Motivhelligkeit richtig ab. Ein (herkömmlicher) Schwarzweißnegativfilm wird durch entsprechende Entwicklung zum Diafilm.
Dazu wird der Negativfilm entwickelt und anschließend das Silberbild durch Ausbleichen entfernt. Nun sind auf dem Film die nicht entwickelten Silberhalogenide verblieben. Diese werden nachbelichtet, beispielsweise mit einer Glühbirne, und anschließend entwickelt. Das so erzielte Silberbild ist ein Positiv (Dia).
Wem die Selbstentwicklung von Schwarzweißdiafilmen zu umständlich ist, findet auf dem Markt einen Schwarzweißdiafilm, den ein ein Labor entwickelt: Den Agfa Scala.
, Januar 1996.
Letzte Bearbeitung: November 2005.