Relevanz von Objektivtests in der Praxis
Objektivtests führe ich durch, um schlechte Objektive nicht zu kaufen und zwei Blenden zu ermitteln: Jene, die am schärfsten abbildet und jene, ab der durch Beugung die Allgemeinschärfe sichtbar schlechter wird. In der Praxis sind diese Blenden nur bedingt von Bedeutung, da die Blende ein Mittel der Bildgestaltung ist, die bei mir Vorrang hat vor maximaler technischer Qualität.
Nur wenn die Bildgestaltung nicht darunter leidet, benutze ich die Blende, bei der das Bild am schärfsten ist.
Im folgenden Foto war mir wichtig, nur das Blatt scharf abzubilden und das Herbstlaub und die Bäume dahinter in wattige Unschärfe zu tauchen. Deshalb stellte ich am Makroobjektiv die größte Blende 2,8 ein. Mir war egal, ob Blende 4 oder 5,6 schärfer sind. Schlimmer als ein nicht maximal scharfes Blatt wäre störender Hintergrund, der um Aufmerksamkeit konkurriert mit der Hauptsache.
Ich könnte mit einer kleineren Blende fotografieren und später in der Bildbearbeitung den Hintergrund verschwimmen lassen. Nach meinen Erfahrungen ist das Ergebnis weniger gefällig als die Unschärfe – das Bokeh – einer großen Blende. Außerdem kann das nicht unerheblich lange dauern. Ich bemühe mich, so zu fotografieren, dass die Bildbearbeitung möglichst wenig Zeit kostet.
Im nächsten Bild wollte ich auf jeden Fall das Gestein im Vordergrund scharf abbilden und die Schärfe sollte so weit wie möglich reichen. Ich blendete das Weitwinkelobjektiv ab auf 22. Die Allgemeinschärfe ist zwar nicht so gut wie beispielsweise bei Blende 8, aber eine gute Allgemeinschärfe nutzt mir wenig, falls Motivteile, die scharf sein sollen, wegen zu geringer Schärfentiefe verschwommen sind.
Die förderliche Blende würde die maximale Schärfentiefe liefern, ohne dass die Beugung die Abbildungsqualität verschlechtert, aber diese wäre für das Motiv zu gering.
Ich könnte mit der Blende fotografieren, die die beste Allgemeinschärfe erzielt und focus stacking benutzen zum Ausdehnen der Schärfentiefe. Das kostet ebenfalls verhältnismäßig viel Zeit während des Fotografierens und in der späteren Bildbearbeitung. Bei bewegten Motiven ist focus stacking selten eine Option.
Im letzten Bild ist die Blende egal, da das Motiv so weit entfernt ist, dass die Schärfentiefe schon bei offener Blende ausreichend wäre. Hier kann ich die Blende einstellen, die die beste Schärfe erzielt oder eine, ab der die Beugung die Allgemeinschärfe noch nicht verschlechtert.
Hinweis zu focus stacking
Falls ich mit focus stacking fotografiere, werde ich keine Blende einstellen, bei der die Beugung die Bildqualität sichtbar verschlechtert, was bei Blenden kleiner als 11 die Regel ist (Sensor nicht kleiner als in Micro-Four-Thirds-Kameras; bei kleineren Sensoren kann die Beugung ab beispielsweise Blende 4 oder 5,6 die Bildqualität verschlechtern – die genaue Blende liefert mir der Objektivtest). Blende 8, minimal 11, ist ein Kompromiss: Ich brauche nicht so viele Bilder fotografieren wie mit einer größeren Blende für beste Allgemeinschärfe und habe noch eine akzeptable Bildqualität.
, 09.11.2014.