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Bildgestaltung

Engagement

Wie ich mich einbringe, was ich unternehme, während ich fotografiere, wie intensiv ich mich bemühe, ist am entscheidendsten für ein gelungenes Bild. Weiß ich, wie ich vorgehen soll und meine Bilder sind trotzdem schlecht, liegt das häufig – überspitzt ausgedrückt – an meiner "Faulheit". Mir war es nicht wichtig genug oder meine Energie und Zeit reichten nicht aus, das Motiv wirkungsvoll zu fotografieren.

In diesem Tutorial sind gestalterische Einflüsse beschrieben, die ich bewerten sollte und nutzen kann, insbesondere Standort, Beleuchtung, die richtige Zeitspanne und Komposition (Linien, Hintergrund). Wie aufwändig das sein kann, erläutere ich anhand eines Bilds aus der Galerie "Kanada 2013".

Abbildung: Berge im Waterton Lakes National Park.

Für das Bild der Berge im Waterton Lakes National Park suchte ich zuerst einen geeigneten Standort. Ich fuhr drei Mal etliche Kilometer einer Straße entlang und wieder zurück bis zur Grenze zwischen Alberta und den USA, an der ich wendete (beim dritten Mal folgte mir ein Grenzkontrollen-Fahrzeug). Dann erst war ich mir sicher, dass ich für diesen Streckenabschnitt einen geeigneten Standort gefunden hatte. Dort montierte ich die Kamera auf ein Stativ und wartete vielleicht eine Stunde, bis die Sonne tief genug stand und die Wolken durchbrach. Ich fotografierte so lange, bis die Sonne hinter den Bergen untergegangen war und wählte verschiedene Bildausschnitte mit unterschiedlichen Brennweiten und Blickrichtungen.

Ein extremes Beispiel von guter Vorbereitung beschreibt Paul Nicklen in seinem Buch Photographing Wild (übersetzt von mir):

Mein erster Auftrag bei National Geographic war der atlantische Lachs und ich recherchierte fünf Monate lang jeden Tag, bevor ich überhaupt meine Aufnahmeliste erstellte. Bevor ich ein einziges Bild für die Story fotografierte, hatte ich über 680 Kontakte von überall auf der Welt.

Als abschließendes Beispiel führe ich das Fotografieren von "Models" (Mensch, Frau, Mann) auf. Geschieht das nicht im Studio, suchen die Fotografen eine passende "Location" (Standort) und mieten diese gegebenenfalls, beispielsweise ein interessantes Zimmer oder eine zerfallene Halle. Dort fahren sie mit einer Gruppe von Leuten hin, die alle zum Bild beitragen. Eine oder mehrere, die darin geübt sind, schminken und frisieren manchmal stundenlang das Model / die Models. Diese ziehen Kleidung/Schuhe an, die der Fotograf oder Auftraggeber aussuchten. Assistenten bauen Blitzgeräte auf, halten Reflektoren, bedienen Windmaschinen und Nebelanlagen. Der Fotograf fertigt Testbilder an und justiert so nach und nach die Helligkeit der Blitzgeräte, bis sie passt. Alles ist mehr oder weniger detailliert geplant. Die Bilder werden gleich ausgewertet und Fehler korrigiert. Ein guter Fotograf kommuniziert mit den Models, gibt ihnen zu verstehen, was sie tun sollen (Mimik, Blickrichtung, Posen), gibt Rückmeldung zu den einzelnen Bildern und schafft eine entspannte Atmosphäre.

Es ließen sich viele weitere Beispiele bringen. Ich denke, die aufgeführten reichen aus für die Erkenntnis, dass bestimmte Resultate nur mit entsprechendem Wissen, Erfahrung und Aufwand erzielt werden können. Anhand des Model-Beispiels lässt sich folgern, dass mehr als ein Mensch notwendig sein kann und möglicherweise viel Geld zu investieren ist.

Das bedeutet nicht, dass ich keine Models fotografieren sollte, falls mir der Aufwand zu groß ist oder das Ganze zu teuer. Mir sollte nur bewusst sein: Gehe ich anders vor, erziele ich nicht das gleiche Resultat, den gleichen "Look". Das ist nicht unbedingt nachteilig. Ich kann die Models im Freien fotografieren bei Tageslicht und mich hauptsächlich auf das Model konzentrieren statt auf die Technik. Meine Bewegungsfreiheit ist größer, die Atmosphäre entspannter. Bin ich entspannt und nicht ständig mit anderem beschäftigt, fühlt sich das Model wohler. Vielleicht gefällt mir auch gar nicht das bis ins Detail geplante Aussehen, sondern ich will den Charakter der Porträtierten ergründen und wiedergeben unabhängig vom "Massengeschmack".

Auf Reisen habe ich selten Zeit und Möglichkeit, mich so lange mit einem Motiv zu beschäftigen, wie oben beschrieben. Ist das für ein paar Stunden möglich, nutze ich diese jedoch dafür.

Sind die Bilder fotografiert, wählen erfahrene Fotografen jene aus, für die sich weitere Arbeit lohnt. Ohne nachträgliche Bearbeitung veröffentlicht so gut wie kein seriöser Fotograf Bilder. Zu "Analogzeiten" war das nicht anders. Manche Bearbeitungen eines Bilds können Stunden dauern.

Viel Wissen und Erfahrung über das Motiv, Zeit und Aufwand sind erforderlich für ein gutes Bild. Dieses Tutorial kann etwas Wissen weitergeben. Ideal ist, Fotografen, deren Bilder einen gefallen, bei der Arbeit zuzuschauen. Meist wird das nur über Lehrvideos möglich sein. Die Erfahrung kommt durch häufige und lange Praxis. Habe ich viel Wissen und Erfahrung, muss ich für gute Bilder – häufig reichlich – Zeit und Arbeit investieren. Da meine Zeit begrenzt ist, ist die Auswahl des Motivs wichtig: Fotografiere ich nur Motive, die ich einigermaßen verstehe und die sich lohnen, habe ich für diese die Zeit, die verloren ginge, würde ich alles Mögliche fotografieren.

Elmar Baumann, 14.05.2015.

Letzte Bearbeitung: 18.08.2017.

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