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Inhalt des Fotobuchs

2 Bildwahrnehmung durch den Menschen

Wie sehen wir? Licht – Strahlungsenergie – fällt auf unsere Umwelt. Diese reflektiert es zum Betrachter. Dort trifft das Licht auf die Augenlinse, die ein Bild der Umwelt auf die Netzhaut projiziert. Die Netzhaut hat viele lichtempfindlichen Zellen, die das Licht in neuronale (nervliche) Energie umsetzen. Den Augen ist der Sehnerv angegliedert, der diese Signale hinten ins Gehirn leitet, genauer gesagt in die Sehrinde, wo sie von hochspezialisierten Zellen verarbeitet werden. Es gibt Zellen, die Farben unterscheiden, andere sind für Formen und Bewegung zuständig.

Das Gehirn enthält das primäre und das sekundäre Sehzentrum. Im primären Sehzentrum werden die Bilder der Außenwelt in Millionen einzelner Bestandteile zerlegt. Das sekundäre Sehzentrum verwandelt die Strukturen des primären Sehzentrums (wieder) in (ganze) Bilder. Dank ihm kann der Mensch identifizieren, was er sieht.

Abbildung 2.1: Das Auge. Links: Das Licht fällt durch Hornhaut, vordere Augenkammer, Pupille, Linse und Glaskörper auf die Netzhaut, wo die lichtempfindlichen Rezeptoren gereizt werden. Der Augenlinse gegenüber ist ein Netzhautbereich, der als gelber Fleck bezeichnet wird. In dessen Zentrum ist eine Vertiefung, die sogenannte Fovea centralis. Dort, in der Fovea centralis, sieht der Mensch das Bild am schärfsten. Rechts: Die Nervenbahnen vom Auge zur Großhirnrinde.

Wird das Hirn im Bereich des Sehzentrums beschädigt, beispielsweise durch einen Unfall oder einen Tumor, kann dies zur Folge haben, dass der Betroffene Teile des Sehfelds nicht mehr wahrnimmt. Stattdessen sieht er dort "Flecken". Oder er kann Bestandteile der Umwelt nicht mehr zu Bildern zusammenfügen. Wird ihm ein Bild mit einer Brille gezeigt, sieht er zwei Kreise, einen Querbalken und zwei Stöcke. Der Patient könnte vermuten, es handle sich um ein Fahrrad [LurijaSch].

Auf der rechten Seite von Abbildung 2.1 ist eine Oberansicht des Kopfes zu sehen. Der Sehnerv leitet die Information vom Auge ins Gehirn zum primären Sehzentrum. Bei einer Schädigung des Sehzentrums sind schlimme Folgen zu befürchten. Der Betroffene ist vielleicht unfähig, sich an Dinge zu erinnern, die er vor der Hirnschädigung wahrgenommen hat.

Die Netzhaut ist entwicklungsbiologisch Bestandteil des menschlichen Gehirns. Dort wird das Bild vorverarbeitet. Das verhindert, dass unser Hirn mit überflüssigen Informationen belastet wird.

Das Gehirn liest die Bilder nicht von der Augennetzhaut ab wie etwa von einer Leinwand. Es rekonstruiert diese Bilder selbständig.

Wir wählen aus, was wir sehen wollen und konzentrieren uns darauf. Was uns nicht interessiert, nehmen wir nicht oder nur nebenbei wahr. Das Foto zeigt alles, was in der Bildschärfe liegt, auch wenn es nicht von Interesse ist. Angenommen Sie befinden sich in einer Stadt und sehen dort ein schönes Gebäude mit einer grässlichen Mülltonne davor. Ihr Auge projiziert diese auf die Netzhaut, Sie nehmen sie aber nicht (bewusst) wahr, solange Sie sich nur für das Gebäude interessieren.

Unerfahrene Fotografen sehen durch den Sucher nur, was sie am Motiv interessiert. Die Kamera registriert alles. Das Foto ist oft enttäuschend, da zuviel Nebensächliches darauf ist.

Weitere wichtige Unterschiede zwischen dem Sehen und der Fotografie:

Diese Unterschiede sind in den Kapiteln über den Film und die Belichtungsmessung beschrieben. Drei typische Beispiele:

Elmar Baumann, Januar 1996.

Letzte Bearbeitung: November 2005.